Fachartikel

Entgelttransparenzgesetz 2026 –
Mehr Fairness im Gehalt

Eine Frau- und eine Mannfigur stehen auf ungleich hohen Geldstapeln, im Hintergrund wird das Ungleichgewicht durch eine Lupe hervorgehoben.

Das Thema Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern gewinnt weiter an Bedeutung – nicht zuletzt durch die neue EU-Entgelttransparenzrichtlinie (EU 2023/970). Deutschland muss diese Richtlinie bis spätestens 7. Juni 2026 in nationales Recht umsetzen. Damit steigen die Anforderungen für Unternehmen deutlich: Es geht nicht mehr nur um freiwillige Transparenz, sondern um verbindliche Auskunftspflichten, Berichtspflichten und effektive Durchsetzungsmechanismen. Unternehmen müssen ihre Prozesse, Vergütungssysteme und Dokumentation jetzt aktiv prüfen und anpassen.

Aktueller Rechtsrahmen –
Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG)

Seit 2017 soll das EntgTranspG Entgeltstrukturen transparenter machen und geschlechtsspezifische Lohnunterschiede verringern. Es ergänzt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und bietet drei zentrale Instrumente:

  1. Individueller Auskunftsanspruch:
    Beschäftigte können Informationen über die Kriterien ihres Entgelts und Vergleichswerte von Kollegen mit gleicher oder gleichwertiger Arbeit anfordern.
  2. Betriebliche Prüfverfahren:
    Arbeitgeber sollen eigene Analysen durchführen, um Entgeltunterschiede zu erkennen und gegebenenfalls zu korrigieren.
  3. Berichtspflichten:
    Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden, die einen Lagebericht nach § 264 HGB erstellen, müssen Angaben zur Entgeltgleichheit machen.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass der Auskunftsanspruch kaum genutzt wird (nur rund 4 % der Beschäftigten), interne Prüfungen selten stattfinden und es bislang kaum sanktionierte Durchsetzungsmechanismen gibt. Das EntgTranspG setzt daher eher auf freiwillige Umsetzung.

Die neue EU-Richtlinie 2023/970 –
Strengere Regeln ab 2026

Die Richtlinie stärkt die Transparenz und Durchsetzungspflichten deutlich. Wesentliche Neuerungen sind:

  • Transparenz bereits vor Arbeitsbeginn:
    Gehaltsspannen müssen in Stellenanzeigen oder spätestens bei Vertragsangeboten angegeben werden. Arbeitgeber dürfen Bewerber nicht nach bisherigen Gehältern fragen.
  • Erweiterte Informationspflichten für Mitarbeitende:
    Beschäftigte haben Anspruch auf Auskunft über ihr eigenes Entgelt sowie Durchschnittsgehälter vergleichbarer Tätigkeiten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht. Die Auskunft muss innerhalb einer definierten Frist erfolgen, in manchen Entwürfen zwei Monate. Kleine Unternehmen unter 50 Beschäftigten können teilweise Ausnahmen nutzen.
  • Erhöhte Berichtspflichten:
    Ab einer bestimmten Unternehmensgröße (z. B. ab 250 Mitarbeitenden) müssen regelmäßig Entgeltberichte erstellt werden, inklusive mittlerem Geschlechtsgefälle, Anteilen mit variablen Vergütungen und Quartilsverteilungen. Die Daten sollen veröffentlicht werden.
  • Gleichwertige Arbeit:
    Die Vergütung muss nicht nur für gleiche, sondern auch für gleichwertige Tätigkeiten fair gestaltet sein. Kriterien wie Verantwortung, Arbeitsbelastung oder Fähigkeiten sind relevant.
  • Durchsetzung und Sanktionen:
    Im Streitfall liegt die Beweislast bei den Arbeitgebern. Mitarbeitende können Entschädigung oder Nachzahlungen fordern. Qualifizierte Verbände können stellvertretend klagen, und Verstöße müssen mit wirksamen Sanktionen geahndet werden.
  • Intersektionelle Diskriminierung:
    Mehrdimensionale Diskriminierung, z. B. nach Geschlecht und Herkunft, muss berücksichtigt werden.

Praktische Umsetzung
für Unternehmen

Um rechtskonform zu sein, müssen Unternehmen in mehreren Bereichen aktiv werden:

  1. Strategische und organisatorische Vorbereitung
    Unternehmen sollten sofort prüfen, inwieweit ihre Entgeltstrukturen, Vergütungssysteme und Auskunftsprozesse den neuen Anforderungen entsprechen. Lücken müssen identifiziert und geschlossen werden. HR, Recht, IT und Betriebsräte sollten früh eingebunden werden. Schulungen und Sensibilisierung für Führungskräfte und Personalverantwortliche sind notwendig, um unbewusste Vorurteile bei Entgeltentscheidungen zu vermeiden.
  2. Vergütungssysteme und Bewertungsinstrumente anpassen
    Alle Gehaltsbestandteile müssen auf objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien basieren. Arbeitsbewertungsverfahren sollten standardisiert werden, um gleichwertige Tätigkeiten fair zu vergleichen. Regelmäßige interne Analysen helfen, Abweichungen früh zu erkennen und zu korrigieren. Alle Entscheidungen müssen nachvollziehbar dokumentiert sein, um im Streitfall die sachliche Rechtfertigung nachweisen zu können.
  3. Auskunfts- und Informationspflichten erfüllen
    Gehaltsspannen müssen im Bewerbungsprozess offengelegt werden, Fragen nach früheren Gehältern sind unzulässig. Mitarbeitende müssen regelmäßig über Kriterien und Verfahren informiert werden, die bei der Entgeltfestlegung relevant sind. Auskunftsanträge sind innerhalb der Fristen zu bearbeiten und inklusive Vergleichswerte bereitzustellen.
  4. Berichts- und Offenlegungspflichten umsetzen
    Größere Unternehmen müssen regelmäßig Entgeltberichte erstellen, die Kennzahlen wie mittleres Geschlechtsgefälle, variable Vergütungen und Verteilung nach Quartilen enthalten. Die Berichte sollen veröffentlicht und transparent zugänglich gemacht werden. Fristen und Übergangsregelungen sind zu beachten.
  5. Rechtsansprüche und Risiken managen
    Unternehmen müssen die Beweislast im Falle einer Diskriminierung beachten, Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche kalkulieren und sich auf mögliche Verbandsklagen vorbereiten. Effektive Compliance-Systeme sind notwendig, um Sanktionen zu vermeiden.
  6. Besonderheiten für KMU
    Kleinere Unternehmen (<50 Mitarbeitende) können Übergangs- oder Ausnahmeregelungen nutzen. Stufenweise Einführung von Prüfungen und Berichten ist möglich. IT- und HR-Systeme sollten skalierbar sein, um bei Unternehmenswachstum alle Anforderungen erfüllen zu können.
  7. Monitoring und Kulturwandel
    Unternehmen sollten regelmäßig überprüfen, ob ihre Maßnahmen wirken, Feedbackkanäle für Mitarbeitende etablieren und eine Kultur der Fairness fördern. Transparenz sollte nicht nur Pflicht, sondern gelebter Teil der Unternehmenskultur werden.

Fazit

Ab 2026 wird die Rechtslage in Deutschland wesentlich strenger: Unternehmen müssen umfassende Transparenzprozesse einführen, Auskunfts- und Berichtspflichten erfüllen und sich auf stärkere Durchsetzungsmechanismen einstellen. Wer früh reagiert, kann nicht nur rechtliche Risiken reduzieren, sondern sich auch als fairer und vertrauenswürdiger Arbeitgeber positionieren – ein entscheidender Vorteil im Wettbewerb um Fachkräfte.

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